Visionen 2004-Auszüge der Kunstkritik von Jutta Sa

So interessiert Birgitt Verbeek vielmehr das, was sich nicht so weiteres fassen lässt, was sich verflüchtigt und dennoch Eindrücke hinterlässt. Wenn also Birgitt Verbeek bei ihrer mehrteiligen Arbeit „Mavision in Rot“ einzelne Bildtafeln nebeneinander hängt, dann spielt sie auch auf den Fragmentcharakter von Erinnerungen an. Der ausgesparte Raum zwischen den Bildern ist bereits eine in Vergessenheit geratene Leerstelle und selbst das, was sich auf den Bildern ereignet bleibt schemenhaft. Stilisierte Blätter halten den durch die Schichtung verschiedener Rottöne erzeugten Raum in der Fläche gefangen. Die Balance ist labil, nur für eine gewisse Zeit zu halten. Dem im Wind trudelnde Blatt, das dem immer währenden Kreislauf von Wachsen und Vergehen unterworfen ist, hat Birgitt Verbeek bereits im vergangenen Jahr ihre Serien „Blättertanz und Balance“ gewidmet.

In diesem steten Kampf mit der Zeit versteht sich Birgitt Verbeek als Sammlerin und Bewahrerin von Eindrücken und Erinnerungen, deren Spuren sie in ihren Bildern und Objekten festhält. Gegen das Vergessen hat Birgitt Verbeek schon etliche künstlerische Tagebücher angelegt. Bisher konnte man sie durchblättern, aber ihre neusten Engelbücher bleiben verschlossen. Der Inhalt spekulativ. Den mit einer Wachsschicht überzogenen Bucheinband bewacht wie den Eingang des verlorenen Paradieses eine Engelsgestalt, vielleicht eine weitere Reminiszenz an eine verstorbene Freundin, aber traditionellerweise kennt man den Engel auch als wohlwollenden Beschützer und allwissenden Weggefährten im Lebensspiel.

Um die stete Wiederholung des immer gleichen Spiels darzustellen, hat
Birgitt Verbeek schon früher auf das Schachbrett zurückgegriffen. In ein orthogonales Raster hat sie in ihrer neuen Arbeit „People in Motion“ eine Reihe kleiner Portraits gesetzt. Damit stellt sie nicht nur Vernetzungen dar, wie sie als aktives Mitglied des Malkastens und des Vereins Düsseldorfer Künstlerinne pflegt, sondern lässt auch etwas von den nur mühsam abzubauenden Reglementierungen erahnen, die das Denken in den Köpfen bestimmt. „Bewegung beginnt im Kopf“, so dann auch der Titel ihrer Gitterköpfe, die zunächst aus engen Maschen, dann aus immer offeneren Gittern erwachsen. Die Grenze bildet die Form.